Autismus und ADHS

Regine Winkelmann

Doppelte Diagnose ist nicht unbedingt doppeltes Unglück

Jahrelang galten ADHS und Autismus als sich gegenseitig ausschließende Störungsbilder. Und leider ist noch nicht zu allen Medizinern oder Gutachtern die neuere Erkenntnis durchgedrungen.
Das ist tragisch für alle, die doppelt betroffen sind, aber doch nur die ein oder andere Diagnose erhielten. 

Etwa die Hälfte aller Autisten (hochfunktionale Autisten) hat ADHS.

Die meisten Betroffenen aber wissen es nicht. Und viele Diagnostiker eben auch nicht.
Therapien oder Hilfen, die man den Betroffenen zukommen lässt, können nicht optimal greifen, wenn nur eine der beiden Störungsbilder in den Vordergrund gestellt wird. Oder, wenn man die andere Seite gar nicht erst erkennt oder wahrhaben will.
Es gibt viele Autisten, die durch Methylphenidat um einiges besser funktionieren würden. Und es gibt viele ADHSler, die aufgrund ihres ADHS ggf. völlig falsch oder einseitig therapeutisch begleitet werden, weil ihr Gehirn eben autistisch arbeitet. Manche Eltern haben das Gefühl, dass die ein oder andere Diagnose schon eine Erklärung gibt, für die Probleme und Alltagsschwierigkeiten des Kindes – aber so richtig rund, ist alles doch irgendwie nicht. 

Und diejenigen, die noch die eine Diagnose zu verarbeiten haben, sind vielleicht nicht unbedingt erpicht darauf, nun noch eine weitere Diagnostik anzugehen. Zumal es oft Ärzte gibt, die sich nur mit dem einen Störungsbild auseinandergesetzt haben und nicht jeder Mediziner ist so schnell bereit, zur Abklärung einen weiteren Kollegen mit einzubeziehen.

Doch kann ich nur allen raten, bei unzureichender Problembewältigung auch in Betracht zu ziehen, dass es sich um „Äpfel und Birnen“ handelt. Oder um „Läuse und Flöhe“ – also um Autismus und ADHS.
Auch wenn ich verstehe, dass einige zunächst das Gefühl haben könnten, da kommt nun ein weiteres Dilemma auf sie zu. Doch w
enn es diese doppelte Betroffenheit ist und sie unerkannt bleibt oder ignoriert wird, ist das Dilemma um so größer.

Ich dachte damals jedenfalls so. Es reichte doch, dass ich eine ADHS Diagnose hatte. Doch heute ich bin froh darüber, zu wissen, dass ich Autistin bin und ADHS habe.
Diese Kombination und beide Störungsbilder isoliert, kommen in meiner Familie gehäuft vor und die habe ich auch (ohne Absicht) weitergegeben. Insofern kann ich mir hier lange Erklärungen der genetischen Ursachen sparen, denke ich.
Frau Dr. Simchen, Kinderneurologin und Kinderpsychiaterin sagt, dass es wohl einige Genome mit autistischen Merkmalen gibt, die zugleich auch für das AD(H)S zuständig sind.
Da es sowieso mehrere autismusmarkierte Gene sein werden, die eine Autismus-Spektrum-Störung verursachen, die Kombination unter den einzelnen Genomen zudem sehr variiert, ist es nicht verwunderlich, dass es Menschen gibt, die beide Störungsbilder haben und dies in einem Ausmaß, dass es deutlich wird und auch diagnostiziert werden kann.

In beiden Fällen treffen nämlich mehrere Kriterien zu. Sind es nur einige wenige, gehört das zu der „normalen Variante“ der Menschen ohne Störungsbild. Auch hier soll es ja gelegentlich verschlossenere oder impulsivere Modelle geben…die aber keinesfalls gleich eine ICD 10 Ziffer als Stigma erhalten.
Es ist demnach eher wahrscheinlich, dass im Zusammenhang mit einer genetischen Disposition der Autismus und das AD(H)S gehäuft anzutreffen ist.

Möglich ist aber auch, dass zunächst nur AD(H)S diagnostiziert wurde und sich erst mit breiterer Sicht auf die Person, dann eine Korrektur ergibt; das Kind, der Jugendliche dann die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung erhält.

Im Grunde ist es ja völlig egal für den Betroffenen selbst, wie sein Dilemma bezeichnet wird. Er hat mitunter einen nicht unerheblichen Leidensdruck. Ganz gleich, ob durch ein einzelnes Störungsbild isoliert oder durch die Kombination dieser beiden. Er fällt überall auf, begonnen im Kindergarten und Schule, wie weiterfolgend bei der Suche nach Freunden, Partnern oder einer geeigneten Ausbildungsstelle. Einige isolieren sich zunehmend, andere geraten durch den Versuch der Eigentherapie in Abhängigkeit, Alkohol, Drogen, gewisse Gruppen, etc.
Wenige Betroffene beider Störungsbilder kommen unauffällig durchs Leben. Wenige Betroffene beider Störungsbilder haben einen Job, der sie oder ihre Familie ernähren kann. Wenige Betroffene entwickeln keine weiteren Erkrankungen als Komorbidität, wie Depression o.ä.

Nun ist es so, dass ich hier wieder nur für mich sprechen kann; ich habe beides erlebt und sehe beides auch an Familienmitgliedern.

Ich habe Glück im Unglück, denn ich profitiere sehr deutlich von dem umstrittenen Wirkstoff Methylphenidat (Ritalin, Medikinet, etc.).
Und zwar meines Erachtens in beiderlei Hinsicht. Sowohl was meine autistischen Schwierigkeiten angeht, als auch meine Probleme, die sicher ADHS begründet sind.

Methylphenidat ist eine Art Amphetaminsubstanz und damit eher ein Antriebsmittel. Es hat also antreibende Wirkung und wird sowohl bei ADS ohne Hyperaktivität, als auch bei AD(H)S mit Hyperaktivität eingesetzt. Noch immer haben das nicht alle verstanden, denn es scheint ja in gewisser Weise auch paradox, einem aufgekratzten Flummi, der über Tische und Bänke geht, noch zusätzlich ein Aufputschmittel zu verpassen.
Dazu muss man eben wissen, dass beide Formen des Aufmerksamkeitsdefizit-Syndroms sogenannte „Minus-Erkrankungen“ sind. Aufgrund einer Botenstoffverteilungsstörung ist das Gehirn hier eher in einer schlechten Versorgung…zumindest gewisser Hirnareale…darum bezeichnet man alles was reduzierte Symptome macht, als Minus-Symptomatiken. Minus im Antrieb, Minus in der Aufmerksamkeit, Minus in der Konzentration, Minus in der Impulskontrolle, Minus in der Filterfunktion für emotionale und sensorische Reize, etc.

Mit dem Effekt, dass ein Mensch, der wirklich unter diesem AD(H)S leidet, sowohl die dauerhafte Unruhe, Impulskontrollschwäche, Antriebsarmut, etc. durch das Medikament im Griff bekommt, seine Botenstoffe im Gehirn dort hingelangen, wo sie eben bei den Menschen mit gesundem Hirnstoffwechsel von ganz alleine hingelangen.
So wird der ADHSler ruhig und weniger chaotisch, der ADSler endlich sortiert und motiviert.
Für mich persönlich ist die Reizüberflutung durch die Hypersensibilität, die eines der autistischen Kriterien ist, eine sehr starke Beeinträchtigung. Die Summe aller Reize, lassen sich kaum filtern, oder in Wichtig oder unwichtig einordnen. Emotionale Belastungen, sofern sie hinzukommen, reichen dann aus, um mich für Stunden bis Tage in den Orbit zu schießen. Man nennt das auch Overload; und wer das kennt weiß, dass dies kein Spaß ist und keine harmlose Reizüberflutung. Es ist ein Alptraum und ein Ausnahmezustand, den es zu vermeiden gilt.
Somit ist eigentlich jede 7-Tage-Woche auf etwa die Hälfte reduziert.
Damit ist man nicht geeignet für die Arbeitswelt und nicht tauglich genug um unauffällig durch den sozialen Alltag zu kommen. Das alleine ist bereits für sehr viele Autisten, ohne die zusätzlichen Kriterien, wie Störungen der Kommunikation und Stereotypie/Rituale, etc. zu erwähnen, eine extreme Einschränkung… (Behinderung ihrer persönlichen Fähigkeiten)

Katastrophal empfinde ich meine Dyspraxie, die wohl einige autistischen Personen haben. Eine Unfähigkeit Gedachtes und durchaus Gewolltes und Nötiges in eine Handlung umzusetzen. Diese Handlungsblockade nimmt mit zunehmender Reizüberflutung zu, sodass ich mitunter nicht einmal in der Lage wäre, eine einfache Bitte um Rückzug, Ruhe oder ggf. Hilfe zu äußern, oder mich aus einer Situation selber herausbewegen. Ich benötige Ordnung um mich herum, doch versinke ich durch die Dyspraxie oft im Chaos.

Doch mit dem Medikament habe ich hier einige Stunden am Tag eine Entlastung. Die Filterfunktion ist besser. Das bedeutet, dass ich unwichtige Reize weitgehend ausblenden kann. Ich nehme sie immer noch wahr, aber sie treten in den Hintergrund. Dadurch ist die Erschöpfung deutlich geringer, ich halte einige Stunden länger durch. Meine sozialen Ambitionen sind wesentlich stärker ausgeprägt. Ich kann Einkäufe mit dem Medikament erledigen und ertrage nicht nur die Gespräche an der Kasse, ich kann (und mag manchmal) sogar entsprechend antworten.

Jetzt höre ich jemanden sagen: “Das kannst du auch ohne Medikament“.  Das stimmt, aber ohne muss ich mich zwingen und fühle mich grässlich dabei. Und zwingen kann ich mich aufgrund Dauerbelastung nach so vielen Jahren leider immer weniger. Was natürlich aussieht, als sei ich eine nörgelnde, griesgrämige, menschenscheue Person, die ich eigentlich gar nicht bin.

Mit dem Medikament sehe ich eine Tätigkeit im Fokus und bringe sie zum Ende. Ich empfinde Telefonate zwar als zwingende Notwendigkeit, aber ich ertrage während der Wirkungszeit des Medikamentes einen Anruf und oder erledige selber solche Anrufe.

Mit Medikament habe ich die Möglichkeit, gewisse Routinen zu verlassen, wenn es durch ein turbulentes Familienleben, dass man mit vier Kindern eben hat, zu Veränderungen kommt. Dramen und Krisen, die sich hier aufgrund unserer Vielbetroffenheit eigentlich dauernd ereignen, lassen mich erstaunlicherweise auch immer noch nicht komplett aufgeben und die vielen kleineren Zusammenbrüche habe ich Dank dieser Medikation immer überlebt.
Es ergibt Sinn, bei jedem Einsatz von Medikamenten nach der persönlichen Verträglichkeit und den persönlichen Vorteilen für sich zu entscheiden. Es ergibt Sinn, wenn die Vorteile überzeugen und überwiegen, die vielleicht vorgefasste Meinung und Haltung zu überdenken.
Und es ist unbedingt ratsam, hierzu immer einmal wieder neu über den Tellerrand hinauszuschauen, denn die Forschung, Wissenschaft, Erkenntnisse und die vielen Berichte der Betroffenen, geben immer wieder neue Einblicke, neue Denkanstöße.
Wichtig ist das für alle die, die nach uns kommen und die nicht unbedingt den langen, steinigen Weg gehen müssen, den wir haben gehen müssen.

http://www.ADHS-Deutschland.de

Hier ein Link zu Dr. Helga Simchen

 

Regine Winkelmann

Nach abgeschlossenem Designstudium 1990 brachte sie vier Kinder zur Welt und widmete sich in dieser Zeit ihren Spezialinteressen, der Kunst, Musik und Medizin. Seit der ersten Buchveröffentlichung 2015 widmet sie sich verstärkt der Öffentlichkeitsarbeit. Als Referentin und Autorin hält sie Vorträge und Lesungen über Autismus und artverwandte Neurodivergenz aus ihrer eigenen Perspektive als Autistin mit ADHS. Neben verschiedenen Publikationen verfasst sie Videomaterial und organisiert regelmäßig Kongresse, mit dem Ziel, Betroffenen dort eine Stimme zu geben.

5 Antworten

  1. Wow. Alles total stimmig. Ich sitze hier gerade um kurz vor drei mitten im Dunkeln meines neu „eingerichteten“ Hobbyzimmers. Umgeben von Kisten, Kartons, Wäschehaufen und Wundertüten mit Dekoartikeln vom Weihnachtsshopping letzten Jahres, die noch nie ausgepackt wurden und lese nun Beiträge von Menschen, mit denen ich diese Diagnosen teile. Das erste mal nach drei Wochen „schaffe“ ich es, mich dem Wust aus Aufgaben, die mir jetzt bevorstehen auseinander zu setzen. 34 Jahre lang bin ich durchs leben gewandert und habe mich praktisch die kompletten 34 Jahre überfordert gefühlt. Statt in Erwähnung zu ziehen, dass ich „etwas haben könnte, weshalb das so ist“, hat das Selbstbild zunehmend darunter gelitten. Ich glaubte immer wirklich fest daran, dass ich „normal“ wäre aber einfach nicht „so gut in allem“ wie die Menschen um mich herum. Eigentlich ist das gelogen. Irgendwie ahnen konnte ich etwas. Aber Platz hatten diese Gedanken nie.
    Fast drei Jahre hat dieser Prozess dann gedauert, in dem sich die Gedanken manifestieren durften. Fast zwei Jahre bin ich einer Diagnose bzw. generell Hilfe nachgejagt.
    Vor ca. drei Wochen dann gleich beide Diagnosen (zeitlich sehr nah beieinander liegend). Ich hab nicht gesponnen. Das war immer meine große Angst. Irgendwie ist die immer noch nicht ganz weg. Aber die stimme wird immer schwächer.
    Ja, und jetzt sitz ich hier. Und es fühlt sich sehr gut an von den Erfahrungen und Gefühlen anderer zu Lesen, denen es ähnlich geht. Und ich frage mich, wie lang ich damit zu tun haben werde, die Diagnosen gänzlich bei mir ankommen zu lassen. Ich hab erst „einen auf abgeklärt“ gemacht. „Wusst‘ ich doch eh schon!“ Trotzdem bin ich gerade total fertig. Da ist auch Hoffnung und das erste mal seit Monaten das Gefühl, ich könnte mich wieder mit der Zukunft befassen. Aber leicht ist anders.
    Schaunwamal, wa?

    Ganz süße Grüße!

  2. Spannend, dass du vier kinder bekommen hast, bei mir hat eines gereicht um mein komplettes Leben auf den Kopf zu stellen und die damit einhergehende Erschöpfung mir meine Kapazitäten genommen weiterhin meine Neurodivergenz maskieren. Nun dachte ich 4 jahre lang dass ich depressiv bin und seit ca. 2 jahren, dass ich safe adhs habe. Dieses jahr kam dann noch autismus als erkenntnis dazu. Und gestern bekam ich dann tatsächlich meine adhs diagnose plus medikinet rezept. Ich hab es zuvor vereinzelt schon von freunden ausprobiert und konnte feststellen dass es wirkt.. allerdings hatte ich das gefühl es sabotiert meine autistischen needs eher und ich funktioniere zwar (fokus) aber hab eine noch geringere fähigkeit zur introzeption und fühlen was da ist und was ich brauche. Das heißt ich habe am nächsten tag(e) dafür gezahlt und „war drüber“. Hast du sowas das dann nicht? Deshalb dachte ich ich beließe es lieber ohne medis und versuche mein nervensystem zu regulieren etc.
    Ich glaube ich durch deinen artikel will ich es jetzt doch mal probieren. Sowieso ist es ja immer try n error lol. 5 jahre antidepressiva obwohl ich eigtl „nur“ neurodivergent bin. Danke fürs teilen!

  3. Hallo Regine

    Danke für den super Artikel.
    Ich werde zwar schon bald 65, und als Informatiker fand ich ein Berufsumfeld, das ich als interessant empfand und ich hatte grosses Glück, dass ich eine ein gutes Einkommen hatte und mein Kapital dank meiner Freundin ins Rentenalter retten konnte. Dafür habe ich mit ihr andere Probleme.

    Als junger Erwachsener hatte ich die Herausforderung mit einer Mutter umgehen zu müssen, wo es sich zeigte, dass sie leider – nach dem Ausflug der Jungen – depressiv wurde. Depression im engeren Umfeld ist für jeden belastend, hatte ich später gelesen.
    Als meine Eltern beide starben, und meine Freudin nach Spannungen auch nicht mehr bei mir wohnte, spürte ich, dass meine ziemlich permanenten schlechten Gefühle sich nicht gross änderten.

    Was sich letzter Zeit als mein grösstes Problem entpuppte, sind die Folgen einer jahrzehnte langen Prokrastination.
    Kam erschwerend dazu, dass meine Freundin eigentlich viel unstrukturierter und unordentlicher ist als ich, und überall Spuren hinterlässt.

    Seit einer Weile bin ich in einer Selbsthilfegruppe Prokrastination. Gleich zu Beginn wurde ein Mitglied auf AD(H)-S diagnostiziert wurde, und ein anderes Gruppenmitglied hatte schon eine AD(H)S-Diagnose. Ich mache ständig neue Entdeckungen. Letzthin stiess ich auf die youtube Videos von Dr. Tracey Marks, die treffend „meine Probleme“ beschreiben.
    Auch fühle ich mich zum sehr verbunden mit dem Channel „Autism from the inside“, wo ich mich immer wieder identifiziere.
    Das erklärt mir viele meiner Probleme, besonders, wenn ich die Fragestellungen in den Aspie-Foren finde.

    „Zitat aus ihrem Essay“ Katastrophal empfinde ich meine Dyspraxie,…“
    Genau dieses Problem habe ich auch. Oft bin ich völlig lahmgelegt. Wobei ich nun auch herausgefunden habe, dass meine Stimmungschankungen, in der Art wie ich sie habe, häufige Begleiterscheinungen von AD(H)S sind.
    Für mich schlimm ist, dass ich mich aus einem schlechten Gefühl kaum abgrenzen kann, und alles „schwierig, aufwändig und als schlimm(also belastend)“ empfinde.
    Des weiteren unterliege ich oft erschrobenen Zeitgefühlen: Es gibt das Gefühl, dass ich beliebig Zeit habe, was gerne zum schieben veranlasst. Zudem unterliege ich oft dem Gefühl, dass ich zu wenig Zeit hätte, was mich sehr stresst. Das ist im übrigen ein weiterer Punkt, dass ich Arbeiten eben nicht in Angriff nehmen, weil ich denke, ich hätte keine Zeit.

    * * *
    Auf einer rationalen Ebene habe ich nun wohl fast alles durchschaut.
    Ich überlege mir nun mal in eine AD(H)S Beratung zu gehen, komme mir immer noch etwas doof vor.
    Ja, ev. würden gewisse Medikamente eben positiv wirken. Ich weiss nicht warum man da so ein Theater macht.
    Mir hat das Gruppenmitglied z.B. gesagt, er würde in gewissen Situationen Ritalin nehmen, es würde sofort wirken und macht nicht abhängig. (Das könnte ja besser nicht sein).

    * * *
    Heute hatte ich aber ein ganz anderes Problem.
    Meine Freundin ist oft etwas übergriffig. Selbst wenn ich ihr sage, sie solle sich nicht „um meine Ordung“ kümmern, kann sie es nicht lassen in ihrer Schneepflug-Art Ordung zu schaffen.

    Hier knallen wir total aneinander.
    Es stimmt, ich schaffe es kaum eine Fläche frei zu halten. Es ist mir allerdings unklar, warum meine Freundin, die selbst unordentlich ist, gerade bei mir Ordnung machen muss…
    Ich würd’s hier nicht thematisieren, wenn es für mich harmlos wäre.
    Es ist schon nur die Angst, dass etwas wegkommen könnte… (und es leider oft auch tut). Das versteht eben niemand.
    Effektiv ist es auch die Dosis, solchen Sachen ausgesetzt zu sein.

    1. Guten Morgen,
      „Ja, ev. würden gewisse Medikamente eben positiv wirken. Ich weiss nicht warum man da so ein Theater macht.“
      Das weiß ich, ehrlich gesagt, auch nicht. Es scheint allerdings so, dass es ausschließlich Personen sind, die über einen gesunden Hirnstoffwechsel verfügen, die dann der Meinung sind, dass man das alles auch ohne Medikation, mit etwas mehr „guten Willen“, hinbekommen sollte. Zynisch geradezu, wenn man bedenkt, wie wir uns bereits ein Leben lang, meist tapfer und fast unauffällig durchs Leben geschlagen haben. Zynismus muss man sich eben auch leisten können, nicht wahr? Gehen Sie eine ADHS Diagnostik an. Und schauen Sie, dass Sie jemanden finden, der mit Ihnen eine Medikation versucht. Sie werden sofort spüren, wenn das der Fall ist.
      Das Problem, mit der Zeit, kenne ich gut.
      Wahrscheinlich hat ihre Freundin, wenn sie selbst Probleme mit der Ordnung hat, den Wunsch, durch Aufräumen Ihrer Unordnung, das Gefühl etwas Struktur in ihr Leben zu bringen. Es ist oft so, dass wir das Chaos anderer viel besser beseitigen können, als das eigene. Oder dass wir für andere tätig werden können, helfen können, aber unsere Dinge bleiben tagelang liegen.
      Fragen Sie sie doch mal, ob das in ihrem Fall so passt. Dann kann sie sich vielleicht darüber bewusst werden, dass sie Wege finden sollte, ihr eigenes Chaos zu beseitigen, anstatt das Ihre.

  4. Hallo Regine,
    Danke für den guten Beitrag, habe auch eine ADHS Diagnose bzw. eigentlich ADS. Bräuchte eigentlich keine ADS Medikamente, nehme sie aber gegen Depressionen ein. Ähnliche Zahlen hab ich auch gelesen, es sind glaube ich 47% aller Autisten, die zugleich eine ADHS/ADS Diagnose haben. Ich strukturiere mich mit einem Whiteboard im Büro, zusätzlich Kalender, Apps und jede Menge Zettel. Die Überschneidungen von Autismus und ADHS reichen von den exekutiven Dysfunktionen bis hin zur schwachen zentralen Kohärenz, zudem Hypo-und Hyperfokus etc. Ich habe einmal gelesen bis zu 75% Symptom-Überschneidungen gibt es.

    Wie strukturiert Ihr Euch? Was hat Euch geholfen?

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